Die Rolle von essentiellen Aminosäuren als metabolische Regulatoren
Ansprechpartner: Christopher Bishop
Epidemiologische Studien zeigen, dass der Konsum von Milchprodukten sowohl mit positiven als auch mit negativen gesundheitlichen Effekten assoziiert sein kann. Um diese widersprüchlichen Ergebnisse besser einordnen zu können, untersuchen wir die spezifischen Wirkungen verschiedener verzweigtkettiger Aminosäuren (BCAA), die zu den essentiellen Aminosäuren gehören und einen wesentlichen Bestandteil des Milchproteins ausmachen. Auch hier ist die Datenlage in Bezug auf gesundheitliche Effekte widersprüchlich.
Wir haben uns auf Leucin und Valin (zwei der drei BCAA) konzentriert, die unterschiedliche metabolische Bedeutungen haben: Leucin ist eine ketogene Aminosäure, Valin zählt zu den glukogenen Aminosäuren. Während die zellulären und molekularen Effekte von Leucin bereits gut untersucht sind, gibt es bisher kaum Daten zu Valin. Wir haben uns zunächst auf den Fettstoffwechsel der Leber konzentriert und konnten bekannte Effekte von Leucin reproduzieren. Valin hingegen zeigte ganz andere Effekte, z. B. eine Aktivierung des Transkriptionsfaktors PPARα, eines wichtigen Regulators des Lipidstoffwechsels (Bishop et al. FASEB J. 2020).
Auch in Langzeit-Fütterungsstudien konnten wir gegensätzliche Effekte der beiden Aminosäuren beobachten. Während die diätetische Supplementierung von Leucin die Entwicklung einer diätinduzierten Adipositas und Insulinresistenz verhinderte, zeigte Valin ungünstige metabolische Effekte: Sowohl die Zunahme von Körperfett als auch die Insulinresistenz wurden zusätzlich verstärkt. Der Grund dafür war eine erhöhte Akkumulation von Valin und seines Metaboliten 3-Hydroxyisobutyrat (3-HIB). Valin und 3-HIB erhöhten die Glukoseaufnahme der Muskulatur, was eine Glukotoxizität induzierte. Diese wiederum setzte die Insulinwirkung im Muskel herab und führte so zu einer systemischen Insulinresistenz (Bishop et al. Nutrition & Diabetes2022). Diesen Mechanismus und die Rolle von 3-HIB wollen wir weiter untersuchen, da auch in Humanstudien eine Assoziation von 3-HIB mit Typ-2-Diabetes gefunden wurde.