Essenszeiten, zirkadiane Uhr und Stoffwechsel

Ansprechpartnerin: PD Dr. Olga Ramich

Die Stoffwechselprozesse im menschlichen Körper folgen einem 24-Stunden-Rhythmus. Dieser gleichmäßige Takt wird von sogenannten Clock-Genen (Zeitgeber-Genen) reguliert, die durch rhythmisch verknüpfte Zyklen von Stimulation und Hemmung ihre eigene Synthese autonom steuern. Aber auch Licht und Nahrungsaufnahme beeinflussen die Aktivität dieser Gene (Abb. 1). In unserem Projekt wollen wir herausfinden, wie diese innere Uhr die Stoffwechselreaktionen bei Menschen beeinflusst und welche Rolle sie in der Stoffwechselantwort auf die Nahrung spielt.

Abb. 1: Zirkadiane Regulation des Stoffwechsels. Bei Säugetieren besteht die zirkadiane Clock (“innere Uhr”) aus der Masterclock im suprachiasmatischen Nukleus des Hypothalamus und aus der peripheren Clock. Die Masterclock wird durch den Licht/Dunkel-Wechsel synchronisiert. Sie steuert die periphere Clock, die wiederum die Stoffwechselrhythmen kontrolliert. Auch die Nahrungsaufnahme kann unsere innere Uhr beeinflussen. (Kessler, Pivovarova-Ramich. Int J Mol Sci. 2019). Bilder © Les Laboratoires Servier, mit freundlicher Genehmigung von Servier Medical Art (https://smart.servier.com/)

So konnte unser Labor bereits diurnale (tageszyklische) Oszillationen von wichtigen Genen des Glukose-, Fett- und Energiestoffwechsels und von Genen, die an entzündlichen Prozessen beteiligt sind, in humanen Blutzellen und im Fettgewebe nachweisen. Des Weiteren haben wir herausgefunden, dass die Expression der Clock-Gene in humanem Fettgewebe von Veränderungen des Körpergewichts reguliert wird. Auch isokalorische Änderungen der Kohlenhydrat- und Fettgehalte und die Zeit der Nahrungsaufnahme die zirkadiane Rhythmik des Menschen. Vor kurzem zeigten wir in Diabetes, dass Insulin direkt die zirkadianen Rhythmen im Fettgewebe verändert, was zumindest teilweise erklären könnte, wie die Essenszeiten die molekulare Clock beeinflussen.

Des Weiteren konnten wir zeigen, dass Kohlenhydrate und Fette in Abhängigkeit von den Verzehrszeiten unterschiedliche metabolische Effekte auslösen und vor allem die Kontrolle der Blutglukose beeinflussen. Weiterhin stellten wir fest, dass der Blutglukosespiegel, das Plasmalipidom, inflammatorische Marker, die Substratoxidation sowie die Hormonsekretion nach den Mahlzeiten stark von der Tageszeit abhängig sind. So war der Glukosespiegel nach einer Mahlzeit am Nachmittag deutlich höher als nach der gleichen Mahlzeit am Morgen was eine Abnahme der Glukosetoleranz im Tagesverlauf bedeutet. Dabei war die abendliche Schwächung der Glukosetoleranz stärker ausgeprägt bei Probanden mit gestörtem Glukosestoffwechsel (Abb. 2).

Abb.2: Diurnale Variation der postprandialen Glukoseantwort. Postprandiale Antworten auf die gleichen Testmahlzeiten – kohlenhydratreiche (MTT-HC) oder fettreiche (MTT-HF) – morgens um 9 Uhr (gefüllte Balken) und nachmittags um 15:40 Uhr (gestreifte Balken). Blaue Balken zeigen die Studienteilnehmenden mit normaler Glukosetoleranz (NGT) und rote Balken die mit gestörtem Glukosestoffwechsel (IFG/IGT). (Kessler et al. Sci Rep. 2017)

Insgesamt zeigen unsere Daten, dass die Tageszeit, zu der wir essen, sowie die Zusammensetzung der Mahlzeiten die zirkadianen Rhythmen verändern und somit die metabolische Antwort auf die Nahrungsaufnahme beeinflussen können. Zurzeit untersuchen wir in einer Humanstudie die Effekte von Intervallfasten auf den Glukosestoffwechsel und andere Stoffwechselparameter bei Menschen mit erhöhtem Diabetesrisiko.