Ballaststoffe und kolorektales Karzinom: Die Rolle der Butyrat-produzierenden Mikrobiota

Projektleiter: Dr. Sören Ocvirk

Mitarbeiterin: Sabine Schmidt

Abb. 1: A. Tumore (angezeigt durch weißen Pfeil) im Kolon von Mäusen, die mit Azoxymethan (AOM) und Dextran-Natirumsulfat (DSS) behandelt wurden (Hellfeld-Bilder mit vergrößerter Darstellung unter Stereo-Mikroskop). B. Bewertung von Entzündungsparametern im Kolon von Mäusen, die mit AOM/DSS behandelt wurden (n=8) im Vergleich zu unbehandelten Kontrolltieren (n=8). (© DIfE)

Epidemiologische Studien deuten darauf hin, dass eine ballaststoffreiche Ernährung mit einem reduzierten Risiko für kolorektale Karzinome (KRK) assoziiert ist. Bislang ist jedoch nicht ausreichend geklärt, welche Mechanismen der anti-kanzerogenen Wirkung von Ballaststoffen in der kolorektalen Tumorgenese unter humanrelevanten Bedingungen zugrunde liegen. Ballaststoffe werden von der intestinalen Mikrobiota zu kurzkettigen Fettsäuren wie Acetat, Propionat und Butyrat fermentiert. Butyrat dient den Kolonepithelzellen als Energieträger, es beeinflusst die Gentranskription und den Zellzyklus und zeigt in vitro anti-neoplastische und anti-inflammatorische Effekte.

Bei KRK-Patienten weist die intestinale Mikrobiota eine veränderte Zusammensetzung auf, die häufig mit einer verringerten Fermentationskapazität von komplexen Kohlenhydraten einhergeht. Aktuelle Studien in KRK-Mausmodellen zeigen, dass die Mikrobiota und deren metabolische Fähigkeit zur Bereitstellung von Butyrat die intestinale Tumorgenese beeinflussen. Trotz dieser Beobachtungen fehlt der Nachweis eines kausalen Zusammenhangs unter humanrelevanten Bedingungen: Wir wollen wissen, ob eine KRK-assoziierte Mikrobiota durch erhöhte Ballaststoff-Zufuhr so verändert werden kann, dass mehr Butyrat gebildet wird und in Folge die kolorektale Tumorgenese sowie das humane KRK-Risiko vermindert werden. Aus diesem Grund führen wir eine Interventionsstudie an einer KRK-Hochrisikopopulation durch: Alaska-Ureinwohner haben ein sehr hohes Darmkrebsrisiko, welches mit einer ballaststoffarmen und fettreichen Ernährung und entsprechenden Veränderungen in der intestinalen Mikrobiota zusammenhängt (Ocvirk et al., 2019). Ziel unserer Ernährungsintervention (Ballaststoff-Supplementierung vs. Kontrolle) ist es, die Wirkung ballaststoffreicher Ernährung auf intestinale Entzündungs- und Proliferationsmarker, die intestinale Mikrobiota und auf mikrobielle Metaboliten zu erfassen.

Parallel zu dieser Studie möchten wir nachweisen, dass ballaststoffreiche Ernährung die intestinale Mikrobiota derart beeinflusst, dass die KRK-assoziierte Tumorgenese vermindert wird. Dies soll im KRK-Mausmodell untersucht werden (Abb. 1 A+B), um den Effekt der Ballaststoffzufuhr mit kolorektaler Tumorgenese als klinischem Endpunkt zu verknüpfen und relevante Mikroben-Wirt-Interaktionen darzustellen. Hierfür werden keimfreie Mäuse mit der Mikrobiota von Probanden aus einer KRK-Hochrisikopopulation kolonisiert („humanisierte Mäuse“). Die Tiere erhalten entweder eine ballaststoffreiche oder eine normale Diät. Durch induzierte Tumorgenese lassen sich sowohl der Einfluss der Mikrobiota und deren Butyrat-Produktion auf KRK-assoziierte Parameter überprüfen, als auch der direkte Effekt auf die kolorektale Tumorgenese nachweisen. Die in der klinischen Studie beobachtbaren Effekte der Ballaststoffintervention lassen sich durch die Studie im KRK-Mausmodell auf einen kausalen Mechanismus in Bezug auf einen klinisch-relevanten Endpunkt (kolorektale Tumorgenese) untersuchen.