Die Bedeutung der Ernährung(sintervention) für Muskelmasse und Inflammaging
Ansprechpersonen: Ulrike Haß, Prof. Dr. Kristina Norman
Bis zum Jahr 2060 wird voraussichtlich fast jeder dritte Deutsche 65 Jahre oder älter sein. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gewinnt ein langes und gesundes Leben zunehmend an Bedeutung. Doch mit der steigenden Lebenserwartung nehmen auch altersbedingte Erkrankungen zu, darunter typische Alterskrankheiten wie Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber auch weniger bekannte wie die Sarkopenie, also der altersbedingte Verlust an Muskelmasse und Muskelkraft. Dieser funktionelle Muskelschwund führt zu einer zunehmenden Gebrechlichkeit mit einem erhöhten Risiko für vermehrte Stürze und Knochenbrüche sowie damit einhergehenden Krankenhausaufenthalten und stärkerer Pflegebedürftigkeit.
Die Pathophysiologie der Sarkopenie bzw. die Ursachen für die veränderte Körperzusammensetzung im Alter sind noch nicht eindeutig geklärt. Sie scheinen jedoch multifaktoriell zu sein und umfassen neben hormonellen, immunologischen und neuromuskulären Veränderungen auch Lebensstilfaktoren. Zu diesen zählen zum Beispiel eine geringe körperliche Aktivität sowie eine inadäquate Ernährung.
Bei der Ernährung kommen endogene und exogene Faktoren zum Tragen: Einerseits sind Stoffwechselprozesse bekannt, die mit zunehmendem Alter einen reduzierten Muskelaufbau bewirken. Andererseits ist die generelle Nährstoffzusammensetzung der Ernährung älterer Menschen häufig nicht ausreichend, um eine optimale Muskelproteinbilanz zu erhalten. Dabei kommt es zu einem komplexen Zusammenspiel von Ernährungsfaktoren und verschiedenen Alterungsprozessen, die unter anderem den Muskelabbau begünstigen. Hier scheint die mit dem Alter abnehmende Leistungsfähigkeit des Immunsystems, also die Immunoseneszenz, eine wichtige Rolle zu spielen.
Durch das erhöhte Auftreten von Inflammationen (Entzündungsprozessen) im fortgeschrittenen Alter, wird die Muskulatur stärker angegriffen und somit möglicherweise die Entwicklung einer Sarkopenie begünstigt. Obwohl es bisher keinen akzeptierten Goldstandard zur Erfassung des sogenannten Inflammaging, dem Entzündungsaltern, gibt, gelten langfristig erhöhte Konzentrationen gewisser pro-inflammatorischer Zytokine als Indiz hierfür.
Es gibt erste Hinweise, dass sich eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten positiv auf das Inflammaging auswirkt. Unklar ist noch, inwiefern eine anti-inflammatorische Ernährung hier präventiv und therapeutisch einsetzbar ist und ob sich ein Abklingen der Entzündungsprozesse auch positiv auf die Muskulatur auswirkt. Aktuell besteht daher ein dringender Bedarf, die vielversprechenden Ergebnisse aus den verschiedenen Querschnitt- und Beobachtungsstudien in kontrollierten Humanstudien nachzuweisen und auf den Menschen zu übertragen.
Vor diesem Hintergrund führen wir zur Erforschung des Inflammaging derzeit eine Studie mit 65- bis 85-jährigen Männern und Frauen durch. Diese sind aufgefordert, neben einer insgesamt gesunden Ernährung eine entzündungsreduzierende protein- und Omega-3-Fettsäuren-reiche Diät einzunehmen. Zusätzlich absolvieren sie regelmäßig ein Vibrations- und Krafttraining. Die Ziele dieser Arbeit folgen dem (inter-) nationalen Aufruf, Strategien für ein gesundes Altern zu entwickeln, aus denen langfristig wissenschaftlich fundierte und praxisrelevante Empfehlungen für die alternde Gesellschaft hervorgehen können.